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I Entscheidung für den Prozess

Schulischer Kinderschutzauftrag

Schule hat neben einem Bildungsauftrag auch einen eigenen Erziehungsauftrag, Bildung ohne Erziehung ist nicht denkbar. Da Erziehung immer das Kindeswohl im Auge haben muss, hat Schule einen wichtigen Handlungsauftrag beim Kinder- und Jugendschutz. Schule ist die einzige pädagogische Institution, die Zugang zu allen Kindern hat.

Lehrer*innen und andere pädagogische Fachkräfte kommen intensiv in Kontakt mit Mädchen und Jungen (redaktioneller Hinweis: Im Themenfeld sexuelle Gewalt ist es notwendig, Kinder und Jugendliche auch in ihrer individuellen geschlechtlichen Identität zu sehen. Es gibt bedeutende Unterschiede darin, wie Mädchen oder Jungen von anderen wahrgenommen, adressiert, erzogen, beurteilt, gefügig gemacht, bedroht, ausgebeutet, missbraucht oder auch geschützt werden. Ebenso wichtig sind ihre Selbstwahrnehmung, ihr Anspruch an sich selbst sowie das eigene Umfeld. Je nach inhaltlicher Ausrichtung sprechen wir daher auf diesem Fachportal von „Kindern und Jugendlichen“ oder „Mädchen und Jungen“, ohne die spezifischen Belange von trans*, divers- und intergeschlechtlichen Minderjährigen zu übersehen) und haben deshalb vielfältige Möglichkeiten, gefährdende Lebenssituationen bei ihnen wahrzunehmen, Unterstützung anzubieten und weitere Hilfen auf den Weg zu bringen.

Schule hat auch eine Reihe von Möglichkeiten, präventiv zu handeln. Manche Schulen verfügen im Bereich der pädagogischen Prävention über einen ansehnlichen Erfahrungsschatz. Sie führen beispielsweise regelmäßig präventive Projekttage durch, laden externe Fachleute zu Workshops in einzelnen Klassen ein oder gestalten Unterrichtseinheiten zur Aufklärung über sexuellen Missbrauch, über die Risiken, die sich aus der Nutzung der digitalen Medien ergeben können, aber auch über den grenzwahrenden Umgang in der Klasse.

Auch bei der institutionellen Prävention, also der Entwicklung eines umfassenden Schutzkonzepts, haben sich inzwischen viele Schulen auf den Weg gemacht. Das ist nicht immer leicht, denn Schulen sehen sich mit vielfältigen, immer wieder neuen Herausforderungen konfrontiert, wie z. B. Inklusion, digitalem Lernen und auch der Corona-Pandemie. Trotzdem sollten der Kinderschutz und insbesondere der Schutz vor sexueller Gewalt nicht vernachlässigt werden, denn in jeder Schulklasse sitzen statistisch gesehen ein bis zwei betroffene Schüler*innen. Deshalb ist es wichtig, mit der Erarbeitung eines Schutzkonzepts zu beginnen und dranzubleiben. Es kommt nicht darauf an, in möglichst kurzer Zeit alles abzuhaken. Vielmehr handelt es sich um einen Organisationsentwicklungspro­zess, der Zeit braucht. Sinnvoll ist es dabei, einzelne Bestandteile nacheinander zu bearbeiten und nicht alle parallel.

Rechtliche Vorgaben

Kinder- und Jugendschutz ist inzwischen in den Schulgesetzen aller Länder verankert und auch die Kultusministerkonferenz der Länder betont seit vielen Jahren die Verantwortung von Schulen für Prävention und Intervention zu sexuellem Missbrauch (siehe Handlungsempfehlung der Kultusministerkonferenz). Der Schulausschuss der Kultusministerkonferenz hat am 26. Februar 2016 die Initiative des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs „Schule gegen sexuelle Gewalt“ befürwortet sowie ihre Umsetzung in den Ländern empfohlen.

Angestoßen durch die Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ haben inzwischen mehrere, aber nicht alle Bundesländer eine rechtliche Verpflichtung in ihren Schulgesetzen zur Entwicklung und Implementierung von schulischen Gewaltschutzkonzepten bzw. Kinder- und Jugendschutzkonzepten eingeführt. Diese Verpflichtung bezieht sich auf verschiedene Gewaltformen, beispielsweise auch auf körperliche, seelische Gewalt oder auf Mobbing. Bei der Umsetzung dieser Verpflichtung ist darauf zu achten, dass die spezifischen Dynamiken von sexueller Gewalt ausreichend berücksichtigt werden. Sexuelle Gewalt ist schwerer vorstellbar – gerade wenn es um innerschulische Verdachtsfälle geht –, wird meist strategisch geplant und unterliegt in der Regel einem enormen Geheimhaltungsdruck.

Die vorhandenen rechtlichen Vorgaben und Handlungsempfehlungen bedeuten noch lange nicht, dass Schulen sich tatsächlich schon in der Lage sehen, sie auch ausreichend umzusetzen. Und dies gilt besonders für das Themenfeld sexualisierte Gewalt. Deshalb konzentriert sich dieses Fachportal auf die Erarbeitung von Schutzkonzepten gegen sexuelle Gewalt

Digitale sexuelle Gewalt im Schutzkonzept

Da Täter und Täterinnen bei der Anbahnung und Ausübung von sexueller Gewalt zunehmend digitale Wege einschlagen, sollten schulische Schutzkonzepte auch die Gefahren in den Blick nehmen, die sich aus der Nutzung digitaler Medien ergeben. Alle einschlägigen Studien zeigen, dass bereits Schulanfänger*innen mit digitalen Medien vertraut sind. Für die meisten „Digital Natives“ gibt es keine Trennung zwischen On- und Offline, die digitale Welt gehört in die Lebenswelt von Schüler*innen aller Altersstufen. Digitale Aspekte sexueller Gewalt sollten deshalb im gesamten Schutzkonzept mitgedacht werden und nicht erst bei Fragen der präventiven Arbeit durch Medienpädagogik ins Spiel kommen. Anregungen und Impulse, wie das gelingen kann, finden Sie unter Tipps/MATERIAL am Ende des Absatzes.

Alle profitieren

Was brauchen Schulen, um sich intensiver mit dem Thema sexuelle Gewalt zu befassen und sich auf den Weg zu machen ein Schutzkonzept zu erarbeiten?

Verantwortliche werden sich vielleicht fragen: „Was haben wir davon – außer Arbeit?“ Neben der Erfüllung gesetzlicher Vorgaben und der Möglichkeit, Kindern und Jugendlichen aktiv Hilfestellung zu leisten, hat tatsächlich auch jede einzelne Kollegin und jeder einzelne Kollege etwas davon, nämlich Verhaltens- und Handlungssicherheit. Die Erfahrung zeigt, dass – bedingt durch die öffentlichen Debatten um sexuellen Missbrauch – viel Verunsicherung auch in Schulen herrscht. Fragen wie: „Darf ich als männlicher Lehrer noch allein mit einer Schülerin in einem geschlossenen Raum sein?“, „Ist es okay, mit einzelnen Schüler*innen zu chatten?“ oder „Darf ich ein trauriges oder verletztes Kind zum Trost in den Arm nehmen?“ verunsichern aktuell viele – vor allem männliche – Kollegen.

Berichte aus Studienseminaren zeigen, dass hier inzwischen manchmal vermittelt wird, man dürfe Schüler*innen grundsätzlich nicht körperlich berühren und Vier-Augen-Situationen seien generell nur bei geöffneter Tür erlaubt. Solche scheinbar naheliegenden und einfachen Regeln nutzen kaum dem Kinderschutz und sind eher kontraproduktiv. Wenn sich etwa ein Mädchen einer Lehrkraft anvertrauen will, weil sie zu Hause Gewalt erlebt, braucht sie dafür eine vertrauliche und ungestörte Situation – zu zweit bei geschlossener Tür! Ein verletzter oder trauriger Schüler braucht Trost, auch in Form von Körperkontakt. Und nicht zuletzt ist es in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit spezifischen Beeinträchtigungen in vielen Fällen unrealistisch und pädagogisch falsch, ihnen Körperkontakt zu verweigern. Schulische Pädagogik als Erziehungsauftrag braucht Beziehung und diese braucht Nähe.

Wie aber professionelle Nähe im jeweiligen Arbeitsbereich aussehen sollte, lässt sich nicht in wenigen allgemeingültigen Regeln zusammenfassen. Sie sieht bei Kindern anders aus als bei Jugendlichen und bei Kindern mit Assistenzbedarf anders als bei Kindern ohne. Deshalb ist jede Schule gefordert, sich mit dem Thema zu befassen, um Verhaltenssicherheit für die Mitarbeitenden zu entwickeln und Mädchen und Jungen ein Bewusstsein dafür zu vermitteln, wann ihre Grenzen überschritten werden. 

Von der Entwicklung eines Schutzkonzepts profitieren also die Schüler*innen, aber auch das Kollegium (redaktioneller Hinweis: Hier und im Weiteren meint der Begriff Kollegium nicht nur die Lehrkräfte, sondern auch alle anderen pädagogischen Beschäftigten der Schule) und damit die ganze Schule. Kinder, die Hilfe bei privaten Problemen bekommen, bringen auch weniger Unruhe in die Schule und erzielen – das belegen Studien – deutlich bessere Lernerfolge. Auch für Eltern ist die Entscheidung für die Entwicklung eines Konzepts zum Schutz vor sexueller Gewalt ein wichtiges Signal der Schule: Dem Schutz ihrer Kinder wird hier höchste Bedeutung beigemessen.

Dennoch kann es in Schulen Bedenken geben, sich auf einen solchen – anspruchsvollen und arbeitsintensiven – Prozess einzulassen, denn er kostet Zeit, er kostet Geld und er braucht Fachkompetenz. Aus diesem Grund spielt die Leitung eine entscheidende Rolle. Sie muss initiativ und unterstützend sein. Eine Schutzkonzept-Entwicklung, die nicht „von oben“ getragen wird, versickert schnell zwischen anderen Alltagsanforderungen und ein fertiges Schutzkonzept wird nicht im Schulalltag „leben“, wenn dies nicht ein zentrales Anliegen der Leitung und auch der Schulkonferenz bzw. des Schulvorstands ist. Und die Schule muss es nicht allein schaffen. Sie kann sich – vom Beginn des Prozesses an – Unterstützung von externen Fachkräften holen, die den Prozess moderieren und begleiten (siehe Bestandteile/KOOPERATION).

Tipps

 

Literatur

  • Kultusministerkonferenz (2023): Kinderschutz in der Schule. Leitfaden zur Entwicklung und praktischen Umsetzung von Schutzkonzepten und Maßnahmen gegen sexuelle Gewalt an Schulen.

Der Leitfaden, den eine länderübergreifende Arbeitsgruppe des Schulausschusses der Kultusministerkonferenz entwickelt hat, ergänzt dieses Fachportal. Ziel des Leitfadens ist es, Schulen den Prozess der Entwicklung von Schutzkonzepten und ihre Umsetzung im schulischen Alltag zu erleichtern. An der schulischen Praxis orientiert wird aufgezeigt, wie einzelne Prozessschritte angegangen und Abläufe strukturiert werden können.

  • Dalhoff, Maria/Şimşek, Nilüfer/Vasold, Stefanie (2020): Achtsame Schule. Leitfaden zur strukturellen Prävention von sexueller Gewalt. Hrsg.: Selbstlaut.

Dieser Leitfaden aus Österreich enthält acht Bausteine zur Prävention in Schule und bietet mit seinen Arbeitsblättern und Illustrationen methodische Anregungen für die Erstellung eines Schutzkonzepts.

Die Inhalte dieses Handbuchs sind zwar nicht direkt auf Schule übertragbar, bieten aber nützliche Anregungen über den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe bzw. Behindertenhilfe hinaus.

  • Oppermann, Carolin et al. (Hrsg.) (2018): Lehrbuch Schutzkonzepte in pädagogischen Organisationen

Material

Hier finden sich vielfältige Anregungen zur Berücksichtigung digitaler Aspekte bezogen auf die einzelnen Bestandteile eines Schutzkonzepts.

  • Amyna e.V. (Hg.): Schutzkonzepte von Grundschulen digital gedacht. Zum Bestellen
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II Bildung einer Projektgruppe

Die Entwicklung eines Schutzkonzepts ist ein längerer Prozess der Organisationsentwicklung. Damit er nicht im Sande verläuft oder neben all den anderen Themen und Herausforderungen, die an Schule herangetragen werden, zu einer Überforderung wird, ist es zu empfehlen, eine verantwortliche Projektgruppe einzusetzen, die den Prozess steuert und verantwortet. Idealerweise wird zudem von Anfang an eine externe Fachkraft einbezogen – aus einer Fachstelle zu sexualisierter Gewalt oder einem entsprechend erfahrenen schulberatenden Dienst –, die die Konzeptentwicklung strukturiert, moderiert und begleitet (siehe Bestandteile/KOOPERATION).

Zu der Projektgruppe gehört auch die Leitung. Ist dies nicht machbar, so sollte sie zumindest in enger Kooperation mit der Gruppe stehen, ihr den Rücken stärken und nach außen deutlich machen, dass ihr das Thema wichtig ist. Sie sorgt außerdem dafür, dass die notwendigen zeitlichen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung stehen. Die Projektgruppe sollte eine arbeitsfähige Größe (ca. fünf bis maximal zehn Personen) haben und sich aus Beratungslehrkräften, Schulsozialarbeiter*innen (soweit vorhanden), Personalbeauftragten und gegebenenfalls anderen interessierten Lehrkräften oder weiteren pädagogischen Mitarbeitenden zusammensetzen. Gibt es in der Einrichtung verschiedene Bereiche – etwa Schule und Hort –, so ist zu empfehlen, dass beide Bereiche in der Gruppe vertreten sind.

Die Projektgruppe ist verantwortlich für das Voranschreiten des Entwicklungsprozesses. Sie wird in der Regel Vorlagen für die einzelnen Bestandteile erarbeiten, kann dies aber durchaus auch an andere delegieren. Wichtig ist, dass die Projektgruppe partizipativ arbeitet, also immer wieder Vorlagen zur Diskussion ins Kollegium gibt oder auch Schüler*innen dazu befragt (siehe Bestandteile/PARTIZIPATION).

Wichtig ist eine realistische Zeitplanung! Dafür sollte sich die Gruppe – am besten durch eine externe Fachkraft – über den Gesamtprozess informieren und dann Prioritäten setzen und die ersten Schritte planen. Im Verlauf der Konzeptentwicklung wird es immer wieder erforderlich sein, die Zeitplanung zu überprüfen und anzupassen. Hilfreich ist dabei, sich bewusst zu machen, dass der Weg schon ein Teil des Zieles ist. Die Auseinandersetzung mit den einzelnen Themenfeldern ist mindestens ebenso wichtig wie das Ergebnis, das im Schutzkonzept formuliert wird. Bereits die Fragen, die die Gruppe sich und dem Kollegium stellt, und die Diskussionen, die dabei geführt werden, bringen Veränderungen in Haltungen und Bewusstsein mit sich. Deshalb darf und sollte man einen Schritt nach dem anderen gehen und nicht zu viele „Baustellen“ gleichzeitig bearbeiten.

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III Beteiligung von Anfang an

Zu Beginn der Schutzkonzept-Entwicklung ist es wichtig, breit darüber zu informieren und zur Beteiligung einzuladen. Das betrifft folgende Personen und Gremien:

  • Kollegium
  • Eltern
  • Schüler*innen (zumindest an weiterführenden Schulen)
  • Schulträger

Dabei sollte sich die Projektgruppe gemeinsam mit der externen begleitenden Fachkraft vorstellen und erläutern, welche Pläne sie verfolgt. Es ist ratsam zu betonen, dass sie dafür die Rückendeckung der Schulkonferenz bzw. des Schulvorstands hat. 

Partizipation, also das Umsetzen von Beteiligungsstrukturen in der Schule, ist ein zentraler Bestandteil des Schutzkonzepts (siehe Bestandteile/PARTIZIPATION). Aber auch schon im Entwicklungsprozess selbst spielt sie eine große Rolle, denn das Schutzkonzept wird nur dann angenommen und gelebt werden, wenn alle, die es betrifft, von Anfang an ins Boot geholt werden. Neben der Information über das Vorhaben selbst muss deutlich werden, in welcher Weise und an welcher Stelle sich Einzelne einbringen können, wo die Perspektive unterschiedlicher Gruppen besonders wichtig ist oder wo die Projektgruppe auch aktiv auf sie zukommen wird.

Von großer Bedeutung ist auch, dass die Leitung die eigene Motivation deutlich macht und so mögliche Befürchtungen abbaut. So vermuten vielleicht einige Eltern, hinter der Entscheidung für ein Schutzkonzept stünden schlechte Erfahrungen der Schule mit Tätern oder Täterinnen in den eigenen Reihen. (Redaktioneller Hinweis: Um die Tatsache sprachlich widerzuspiegeln, dass 80 bis 90  % der Täter von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche Männer sind, wird hier die männliche Form zuerst genannt – „Täter und Täterinnen“ statt „Täterinnen und Täter“ – und die Schreibweise „Täter*innen“ mit Gendersternchen vermieden.) Wenn die Vermutung zutrifft, ist die Entscheidung für ein Schutzkonzept ein Schritt aus der Defensive. Es sollte deutlich werden, dass entsprechende Erfahrungen die Entschlossenheit für den Kinderschutz bestärkt haben. Ist die Vermutung unzutreffend, sollte auch das kommuniziert werden – mit dem Hinweis, dass das mithilfe eines Schutzkonzepts auch so bleiben soll. Es ist zu empfehlen, dass die Projektgruppe oder die Leitung mögliche Befürchtungen und Vermutungen aktiv anspricht, um so auf die Elternschaft zuzugehen. Dies kann bereits in der Einladung zur Infoveranstaltung (siehe Tipps/MATERIAL) geschehen.

Tipps

 

Material

  • Formulierungsvorschläge für eine Einladung zur Informationsveranstaltung für Eltern zum Download
  • Elterninformation zu Konzepten zum Schutz vor sexueller Gewalt in Schulen zum Download
  • Elterninformation in Leichter Sprache zu Konzepten zum Schutz vor sexueller Gewalt in Schulen zum Download 
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IV Einstieg ins Thema

Bevor die Projektgruppe in die Erarbeitung der verschiedenen Bestandteile eines Schutzkonzepts einsteigt, braucht sie eine Fortbildung zum Thema sexualisierte Gewalt an Mädchen und Jungen. Es geht dabei um Grundlagenwissen zu Ausmaß, Täterstrategien und Folgen sexualisierter Gewalt sowie zu sexueller Gewalt unter Kindern und Jugendlichen und zum Thema digitale Gewalt (siehe Bestandteile/FORTBILDUNG). Fortbildungen vermitteln auch, dass es für betroffene Kinder und Jugendliche, aber auch für alle Menschen im Umfeld und für Fachkräfte professionelle Beratung und Hilfeangebote gibt.

Dieses Grundlagenwissen ist nötig, um

  • sexualisierte Gewalt in ihrem realen Ausmaß und den verschiedenen Erscheinungsformen für möglich zu halten
  • zu verstehen, was man überhaupt verhindern will bzw. wofür Schüler*innen Unterstützung brauchen
  • zu realisieren, dass es sich nicht um unglückliche Zufälle, sondern um strategisch geplante Taten handelt
  • zu begreifen, warum es betroffenen Mädchen und Jungen so schwer fällt, sich jemanden anzuvertrauen

Darauf aufbauend sollte die Projektgruppe in der Fortbildung eine erste Idee vom Prozess einer Schutzkonzept-Entwicklung erhalten sowie die einzelnen Bestandteile kennenlernen und ihre Bedeutung für die individuelle Schule diskutieren.

Diese Einstiegsveranstaltung kann auch für das gesamte Kollegium angeboten werden, damit es in der Lage ist, an dem Prozess aktiv und kompetent zu partizipieren. Vielleicht finden sich nach der Fortbildung noch weitere Interessierte für die Mitarbeit in der Projektgruppe. Es kann aber auch ratsam sein, die Fortbildung für das gesamte Kollegium erst nach der Einstiegsfortbildung für die Projektgruppe anzusetzen, wenn sich diese „gefunden“ hat und die Organisation einer Kollegiumsfortbildung quasi ihre erste Amtshandlung ist.

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